Finnische Geschichte

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Viele Regionen Finnlands wurden nach der Eiszeit besiedelt, und deswegen ist das Land ein reizendes Reiseziel für Urlauber mit Interesse für Geschichte. Für mehrere Jahrhunderte gehörte Finnland zu Schweden, bis 1809, wo es zum Großfürstentum von Russland wurde. Seit 1917 ist Finnland ein selbständiger Staat.

Altsteinzeit
Im Moment (2011) finden in der Stadt Kristiinankaupunki an der Westküste archäologische Ausgrabungen statt, die wahrscheinlich die ältesten archäologischen Befunde Finnlands enthüllen werden. Falls die Ausgrabungen erfolgreich sind, werden dort die ersten präglazialen Entdeckungen Nordeuropas gefunden werden.

Das Gebiet des heutigen Finnlands wurde soweit wie bekannt gerade nach der letzten Eiszeit rund 8500 v. Chr. besiedelt. Unten finden Sie eine Liste von den wichtigsten postglazialen Zeitperioden.

Suomusjärvi-Kultur (8500-5000 v. Chr.)
Die ältesten menschlichen Überreste in Finnland stammen aus rund 8500 v. Chr. Diese Periode ist als Suomusjärvi-Kultur bekannt. Die Bevölkerung bestand aus Jägern und Sammlern. Im frühen 20. Jahrhundert wurden neolithische, oder steinzeitliche, Entdeckungen in Antrea in Karelien, nur 200 km von Sankt Petersburg, gemacht. Unter den Funden war das Fischnetz von Antrea, eines der ältesten gefundenen Fischnetzten der Welt, Holz- und Flintgegenstände, Steinwerkzeuge, Netzschwimmer aus Borke, Steingewichte und Jagdausrüstung. Anderswo in Südkarelien wurden etwa 20 Besiedlungsgebieten aus diesen Zeiten entdeckt, obwohl nur einige davon bis heute erforscht worden sind. In den Ausgrabungen wurden unter anderem Pfeilspitze gefunden, die darauf hindeuten, dass damals das Jagen und Fischen wichtig für die Menschen war.

Schnurkeramische Kultur (3200/2900-2300/1800 v. Chr.)
Die Schurkeramische Kultur, auch Streitaxt-Kultur genannt, fing Ende der Steinzeit an und florierte während der Kupfer- und Bronzezeiten. Typisch für diese Zeit sind Einzelbestattungen unter Grabhügel, wo Menschen mit Streitaxt, Schmuckgegenstände und Keramik begraben wurden. Der Gebrauch von Metallgegenständen fing während dieser Kultur in Nordeuropa an. Jagen und Sammeln spielten noch die Hauptrolle, obwohl auch Landwirtschaft allmählich bekannt wurde.

Eisenzeit
Die eisenzeitlichen Funde Finnlands stammen aus rund dem Jahre 500 v. Chr. Wahrscheinlich rund um 50 v. Chr. fing der Handel vor allem mit skandinavischen und baltischen Gebieten an, wo Einwohner der Küstenregionen unter anderem Pelzwaren gegen Waffen und Ornamente umtauschten. Eine Besonderheit der Periode sind die mit zahlreichen Waffen ausgestattete Gräber, die auf eine Oberklasse hindeuten.

Ende der Eisenzeit und Anfang des Mittelalters wurden mehrere Hügelfestungen in Südfinnland gebaut. Sprachwissenschaftler glauben, dass die Hauptgruppen von finnischen Dialekten während der Eisenzeit entstanden sind. Ausgrabungen auf den Åland-Inseln haben gezeigt, dass die Kultur der Region zu dieser Zeit mehr schwedische als finnische Einflüsse hatte.

Mittelalter und Wikingerzeit
Finnland war eines der letzten Länder Europas wo das Christentum eingeführt wurde. Die ersten Einflüsse kamen aus dem Osten mit Orthodoxen. Die ältesten christlichen Gräber stammen aus dem 11. Jahrhundert. In denen wurden Kruzifixe und Schwerte mit Gravüren wie In nomine Domini und Dominus Meus gefunden. Mit der Ausbreitung von Christentum wurde die Lage Finnlands zwischen zwei Kulturen, dem katholischen Schweden und dem orthodoxen Russland, ausgeprägt. Der Kontakt mit Schweden war schon in vorchristlichen Zeiten durch den Handel mit den Wikingern dicht. Archäologen haben unter anderem Silbermünzen aus der Arabische Halbinsel, Waffen und Schmuckstücke aus der Wikingerzeit entdeckt. Trotz des regen Handels sind keine Überreste von Wikingerbesiedlung auf dem Festland gefunden werden, nur auf den Åland-Inseln.

In der Wikingerzeit war Finnland relativ unbekannt in Europa, außer Schweden, wo man wusste, dass die Finnen und die Samen nicht dasselbe sind. Die meisten Finnen lebten auf der Südküste und am Seen in den südlichen Regionen des Landes. In ost- und Nordfinnland wohnten Nomadenvölker, die, wie die ersten Ansiedler, vom Jagen und Fischen lebten. Diese Völker waren wahrscheinlich die Urbevölkerung der Samen oder ein finno-ugrischer Zweig.

Die Ackerbaukultur wurde in Finnland in der Wikingerzeit eingeführt. In der Nähe von Turku sind Beweise eines ständigen Felds gefunden werden, allerdings war Schwendbau die am weitesten verbreitete Form des Ackerbaus. Auch Viehhaltung war typisch. In mehreren Gräbern aus diesen Zeiten sind Hunde mit Verstorbenen begraben worden. Katze hat man allerdings nicht gefunden. Die Gräber zeigen auch, dass Bären eine bedeutende Rolle in der finnischen Kultur spielten: unter anderem Bärenkiefer und -kiefer sind in den Grabstätten gefunden worden.

Kalmarer Union
1379 wurde die Kalmarer Union gegründet, die Dänemark, Norwegen und Schweden (und damit auch Finnland) bis 1523 vereinte. Mit der Union wollte Margarete I. von Dänemark die Länder gegen Angriffe aus Deutschland schützen.

Die Union kam nie formell zustande, und Konflikte zwischen Dänemark und Schweden waren häufig. Die Konflikte führten zu Kriegen, und in Schweden fanden Kämpfe um die Krone ständig statt. Auch Finnland erlitt Schaden wegen dieser Konflikte, besonders wegen der schwedischen Steuerpolitik, und auch Kriege in finnischen Gebieten geführt werden. Diese störten auch der Handel mit anderen Ländern. Viele ostfinnische Truppen wurden nach Schweden verlegt, und zur Folge war Finnland verletzbarer gegen Angriffe aus dem Großfürstentum Moskau, der sich später zum Russischen Reich entwickelte. 1478 eroberte Iwan III Nowgorod, welches das Großfürstentum zum Nachbar von Finnland machte. 1493 alliierten Dänemark und Moskau, und zwei Jahre später marschierten moskauischen Truppen in Finnland ein. 1497 unterzeichneten Schweden und Moskau einen Friedensvertrag und die alten Grenzen aus 1323 waren wieder gültig.

1523 war Schweden wieder ein selbständiger Staat, da er mit der Wahl Gustav I. Wasa zum König aus der Union ausschied.

Keulenkrieg (1596)
1596-1597 fand einen Bauernaufstand gegen den schwedischen Adel in Finnland statt. Die finnischen Bauern hatten unter dem Russisch-Schwedische Krieg gelitten und hatten ihre Auswirkungen wie steigende Steuern und die Verpflichtung, schwedischen Soldaten Unterkunft und Verpflegung auch nach dem Krieg zu gewähren, satt.

Die Bauern könnten sich keine Schwerter, Lanzen oder Pferden leisten, und waffneten sich mit Keulen. Es gelang den Bauern, den Gutshof Nokia zu erobern, allerdings wurden sie letztendlich von Truppen des Admirals Clas Fleming im Januar 1957 geschlagen. Jaakko Ilkka, der führende Bauer des Aufstands, wurde kurz danach getötet. Eine weitere große Schlacht fand im Februar in Santavuori, Ilmajoki statt. Auch dort waren die Bauern nicht erfolgreich. Insgesamt wurden etwa 3000 Menschen im Keulenkrieg getötet. Die meisten von den Opfern waren Bauern aus den Regionen Ostbotten, Häme und Savo.

Großer Nordischer Krieg (1700-1721)
Der Große Nordische Krieg begann 1700, als die Dreiallienz von dem Russischen Zarenreich, Dänemark-Norwegen, den Personalunionen Sachsen-Polen das Schwedische Reich angriff.

1714 vernichtete Russland unter Zar Peter I. die schwedischen Truppen in der Nähe von Hanko an der finnischen Südküste. 1713-1714 eroberte die Armee die meisten Gebieten Finnlands, und die russische Herrschaft begann bei der Schlacht in Napo 1714. Die Herrschaft dauerte bis den Frieden von Nystad 1721.

Nach der Schlacht in Napo wurde Mikhail Golitsyn der Gouverneur von Finnland, und die Finnen fingen einen Partisanenkrieg gegen Russland an. Unter der Eroberung mussten die finnischen Bauern unmäßig hohe Steuern zahlen, und die Bevölkerung litt unter der Plünderei der Soldaten, besonders an der Westküste und in der Nähe von den Hauptstraßen. Der Dorf Isokyrö in der westfinnischen Region Ostbotten wurde niedergebrannt, und die Russen richteten dort eine Verteidigungszone gegen Schweden ein.

Während der Eroberung wurden etwa 5000 Finnen getötet und etwa 10 000 Kriegsgefangene als Sklaven benutzt. Tausende und Tausende Finnen, hauptsächlich aus der Oberklasse, flohen nach Schweden, und die Ärmeren versuchten, sich vor den Soldaten in den Wäldern zu verbergen. Zwischen 1714-1717, unter der Herrschaft des schwedischen Grafen Gustaf Otto Douglas, der während des Kriegs auf die russische Seite lief, war die Situation für die Finnen am schlimmsten. Außer den Grausamkeiten des Krieges litt die Bevölkerung auch unter der Pest. In Helsinki allein fielen zwei Drittel der Einwohner der Krankheit zum Opfer. 1721 beendete der Frieden von Nystad die Eroberung. Schweden musste einen Teil Kareliens an Russland abtreten, und Russland die besetzten Gebieten Finnlands Schweden überlassen.

Russisch-Schwedischer Krieg (1741-1743)
Während der schwedischen Freiheitszeit (1719-1772) entstand eine Partei des Adels, die Partei der Hüte. Die Partei regierte 1738-1765 und führte mehrere Kriege gegen Russland. Der erste davon war der Russisch-Schwedischer Krieg 1741-1743, der wieder zu einer Eroberung Finnlands führte.

Schweden erklärte Krieg gegen Russland 8.8.1741, kurz danach es etwa 18 000 finnischen und schwedischen Soldaten in den Festungen an der Ostgrenze eingesetzt hatte. Das Ziel war ein Angriff in Sankt Petersburg und ein Putsch, der von französischen und schwedischen Diplomaten geplant war. Bis Dezember war der Plan erfolgreich, und die neue Zarin Elisabeth bot eine Waffenruhe an. Jedoch schon 1742 marschierten russische Truppen unter General Peter Graf von Lacy in Finnland ein

Der irische General war einer der erfolgreichsten der in russischen Diensten stehenden Feldmarschälle. Der schwedische Feldmarschall war hilflos gegen die russischen Truppen, und die Städte Hamina, Porvoo und Hämeenlinna wurden erobert. Letztendlich kesselte Russland die ganze schwedische Hauptarmee in Helsinki ein und brachte damit den Krieg zu Ende.

Nach der Kapitulation eroberte die russische Armee die finnische Hauptstadt Turku, und 7.8.1743 wurde das Frieden von Turku unterzeichnet. In diesem Frieden wurden weitere südfinnische Gebiete bis zum Fluss Kymijoki Russland überlassen, und Adolf Friedrich von Gottorf, ein Verwandter von Elisabeth, zum schwedischen Thronfolger gewählt.

Russisch-Schwedischer Krieg (1808-1809)
Der Russisch-Schwedischer Krieg ist der letzte Krieg, den Schweden geführt hat.

Der Grund für den Krieg war eigentlich nicht ein Konflikt zwischen Schweden und dem Russischen Kaiserreich, sondern der Kontinentalsperre Napoleons gegen England. Russland war mit Frankreich verbündet, und Schweden mit England.

Trotz Napoleons Wirtschaftsblockade über die britischen Inseln konnte das Land via Schweden mit Europa handeln, und mit seinem Angriff versuchte Russland, die Kontrolle über der Ostsee zu erlangen. Vor der Sperrung hatte Russland einen Krieg gegen Frankreich geführt, unter dem das Kaiserreich schweren Schaden erlitten hatte. Vielleicht deswegen gelang es den Franzosen, mit Russland zu alliieren. Napoleon überredete den Zaren Alexander, den britischen Handel in schwedischen Häfen unterbinden zu versuchen, und versuchte auch Schweden in seine Koalition zu bekommen. Der schwedische König Gustav IV. fürchtete, dass eine solche Entscheidung negativ auf den schwedischen Handel auswirken würde und wollte in die Koalition allerding nicht eintreten sondern mit Großbritannien verhandeln. Nach dem Alliieren planten Schweden und England einen Angriff in Dänemark, wobei der König die norwegischen Regionen von Dänemark erobern sollte.

Schweden war allerdings zu optimistisch über seine Chancen gegen Russland. Für den Zaren war die Entscheidung Schwedens ein guter Grund, Finnland anzugreifen. Am 21. Februar 1808 marschierten 24 000 russischen Soldaten in Finnland ein und eroberten die südfinnische Stadt Hämeenlinna. Bis Ende März hatten die Truppen Kuopio, Tampere, Jakobstad, Svartholm (Loviisa), Helsinki und Hanko eingenommen sowie in Gotland und in den Åland-Inseln angekommen.

Schweden gab allerdings nicht auf, sondern führte einen erfolgreichen Gegenschlag unter dem General Carl Johan Adlercreutz. Die finnische Oberklasse stellte sich zum großen Teil auf Russlands Seite, aber die Bauern nahmen aktiv an Partisanenkriegen teil. Im April wurden die russischen Truppen in Siikajoki niedergeschlagen und kurz danach erlitten die Truppen in Revolax dasselbe Schicksal. Die russischen Truppen auf Gotland sowie die Garnison auf den Åland-Inseln mussten kapitulieren. 14 000 britische Soldaten waren nach Göteborg geschickt, um Schweden zu helfen. Nach einem Konflikt mit dem König wurden sie jedoch nach Spanien geschickt. Die 36 Schiffe der Truppen wurden allerdings in Schweden verlassen.

Die russischen Truppen mussten sich wieder zurückziehen, diesmal aus Zentralfinnland, östlich von Mikkeli, Pori und Tampere. Allerdings wurden die russischen Truppen kurz danach verstärkt, und 36 000 schwedische Soldaten mussten gegen 55 000 russischen Männer stehen. Schweden gewann die Schlacht von Juutas im September, wurde aber in Oravainen, Salmi und Kuortane besiegt. Zur selben Zeit fiel es den Truppen schwer, sich gegen Dänemark und Norwegen zu verteidigen, und musste letztendlich aus Finnland abziehen. Bis den Winter 1808 hatte Russland das ganze Finnland erobert.

1809 marschierten die russischen Soldaten in Schweden, nur 70 km von der Hauptstadt Stockholm, und später in Umeå und Tornio, ein. Schweden musste kapitulieren, und der König wurde entthront. Der neue König, Karl III, vereinbarte Waffenruhe mit Russland, die allerdings vom Zaren abgelehnt wurde. Der Krieg ging mit Schlachten in Umeä, Sävar und Ratan weiter. Friedensverhandlungen wurden im August begonnen, und der Friedensvertrag von Fredrikshamn wurde am 17. September unterzeichnet.

Schweden trat Finnland und Teile Lapplands an Russland ab, unterband den Handel Großbritanniens in seinen Häfen und wurde zum Glied in der Kontinentalsperre. Finnland wurde zum autonomen Großfürstentum des Russischen Kaiserreiches. Die gustavianische Verfassung Schwedens von 1772 war nach wie vor gültig, und der evangelisch-lutherische Glaube blieb die Staatsreligion. Zum ersten Mal in seiner Geschichte bekam Finnland sein eigenes oberstes Verwaltungsorgan, der Senat, dessen Zentrum am Senatsplatz in Helsinki lag.

Unabhängigkeit (1917)
‚Die Finnen haben diesen Schritt vollgezogen und ihr Schicksal in ihre eigenen Hände genommen; ein Schritt, der sowohl begründet und notwendig ist. Ohne Unabhängigkeit können die Finnen ihre nationalen und internationalen Pflichten nicht erfüllen. Das hundertjährige Verlangen nach Freiheit muss jetzt verwirklicht werden; die Finnen können eine freie Nation unter den anderen freien Nationen der Welt werden.‘ (aus der Unabhängigkeitserklärung Finnlands)

Am 6. Dezember 1917 erklärte das finnische Parlament das Land für unabhängig.

Die Unabhängigkeit wurde ein besonders aktuelles Thema nach der russischen Februarrevolution 1917, die die Zarenherrschaft in Russland beendete. In Finnland wurde dieses als Ende der Personalunion zwischen Finnland und Russland interpretiert. Die Oktoberrevolution verstärkte diese Interpretation, und im November erklärte das Parlament sich für die oberste Staatsmacht Finnlands.

Die Bolschewiki übernahmen in Russland die Macht, infolgedessen das finnische Parlament den Unabhängigkeitsprozess vorantreiben wollte. Die alte Verfassung schien jedoch veraltet: die Politiker bevorzugten eine republikanische Verfassung vor den Monarchismus und den Erbadel.

Somit legte der im November gewählte neue Senat eine neue republikanische Verfassung am 4.Dezember. Die Unabhängigkeitserklärung wurde als Präambel der Verfassung formuliert. Im Januar wurde die Unabhängigkeit von Russlands bolschewistischer Regierung anerkannt.

Bürgerkrieg (27.Januar-15.Mai 1918)
Von allen Konflikten in der Geschichte Finnlands ist der Bürgerkrieg der meist umstrittene. Er wurde zwischen den sozialistischen ‚Roten‘ und den bürgerlichen ‚Weißen‘ geführt. Die Roten wurden von der Russischen Sozialistischen Föderativen Sowjetrepublik unterstützt, während die Roten zusammen mit deutschen Kampfverbänden arbeiteten.

Eine treibende Kraft in diesem Krieg waren die russischen Februar- und Oktoberrevolutionen, die starker Konkurrenz auch zwischen den finnischen Sozialdemokraten und den bürgerlichen hervorbrachten. Zu dieser Zeit gab es noch keine offizielle Armee in Finnland, und die Seiten formten ihre eigenen bewaffneten Militärgruppen, die Rote Garde und das Schutzkorps. Die Brutalitäten fingen in Januar 1918 an. Zuerst gewannen die Roten das Übergewicht, aber zum Schluss war die weiße Armee erfolgreicher. Nach dem Krieg wurde der Deutsche Friedrich Karl von Hessen zum finnischen König gewählt. Nur ein paar Monate später, im Dezember 1918, wurde allerdings eine republikanische Verfassung in Kraft gesetzt.

Im finnischen Bürgerkrieg wurden etwa 37 000 Menschen gestorben, nur 10 000 von denen in den Schlachten. Am brutalsten waren die die politische Gewalt und die Gefangenenlagern. Nach dem Krieg war die finnische Gesellschaft und Politik tief gespalten und die finnische Wirtschaft stark geschwächt. Die Spaltung belastete das Land über Jahrzehnte bevor die Situation neutral wurde.

Winterkrieg (30. November 1939 – 13. März 1940)
Am 30. November 1939 griff die Rote Armee der Sowjetunion in Finnland an. Im Vergleich zu seinem Nachbar war Finnland zahlenmäßig und in materieller Hinsicht unterlegen: die russische Armee war viermal größer als die finnische, hatte eine dreißigmal größere Luftwaffe und etwa 6000 Tanker, da Finnland nur 32 besaß. Trotzdem konnten die Finnen die Invasion viel länger als vermutet abhalten. Während der Stalinschen Säuberungen 1937 wurde fast die Hälfte der russischen Offiziere getötet, und die Unerfahrenheit der neuen Offiziere spielte eine bedeutende Rolle im Erfolg Finnlands.

Zu Kriegsbeginn bestand die finnische Armee aus nur 250 000 Soldaten. Allerdings waren sie dank ihren Guerillaaktionen und Kenntnissen über den Grenzregionen ein gefährlicher Gegner. Der erste Kriegsmonat enthüllte Schwächen in der Roten Armee, und Stalin war alles andere als zufrieden. Es fiel der Sowjetunion schwer, der Bevölkerung den schwachen Erfolg zu erklären, und es wurde behauptet, dass die Mannerheim-Linie stärker als die Maginot-Linie und dass die finnische Armee mit den 1000 besten Piloten der USA verstärkt war. Allerdings war eine wesentliche Taktik der Finnen, traditionelle Kriegführung zu vermeiden und die sowjetischen Divisionen in sogenannten Mottis, kleineren Einkesselungen, zu gefangen. Gegen die Panzerwaffen waren die Finnen zuerst nicht gut bewaffnet, entdeckten aber eine wirksame Lösung auch zu diesem Problem, nämlich den Molotowcocktail. Die Waffe wurde nach dem sowjetischen Regierungschef und Außenminister Wjatscheslaw Molotow genannt, der im Radio erklärt hatte, dass Russland keine Bombe sondern Nahrungsmitteln in Finnland abwürfen würde – die Bomben waren also „Molotows Brotkörbe‘ und Molotowcocktails ‚ein Getränk passend zum Essen‘.

Der Friedensvertrag von Moskau wurde am 12. März unterzeichnet. Durch den Vertrag verlor Finnland 9 % von seinen Gebieten und 20 % von seiner wirtschaftlichen Kapazität. Die gesamte karelische Landenge und große Gebiete nördlich des Ladogasees – darunter die zweitgrößte finnische Stadt, Wyborg – mussten der Sowjetunion überlassen werden. Etwa 12 % der Bevölkerung, etwa 420 000 Finnen, mussten aus seinen Heimatsgebieten flohen. Auch die Verluste der Roten Armee waren groß: die Zahlen sind umstritten, aber es gab zumindest rund 130 000 tote und vermisste Soldaten, während die entsprechende Zahl in Finnland rund 25 000 ist. Dieses deutete an, dass die Rote Armee schwach wäre, und regte Deutschland an, Russland mit dem Unternehmen Barbarossa anzugreifen.

Fortsetzungskrieg (25. Juni 1941 – 19. September 1944)
Der zweite Krieg, der zwischen Finnland und der Sowjetunion während des zweiten Weltkrieges geführt wurde, heißt der Fortsetzungskrieg. Der Krieg fing mit dem Angriff des Deutschen Reiches in Russland 1941 an. Die Sowjetunion reagierte mit einem massiven Luftangriff zurück. Im September 1941 hatte Finnland die Region Ostkarelien, die im Winterkrieg verloren war, erobert.

Danach begann ein Stellungskrieg an, der etwa zweieinhalb Jahre dauerte. Die deutschen Truppen erreichten Leningrad, wo die Finnen allerdings nicht kämpfen wollten. Auch an der Offensive gegen die Eisenbahnlinie nach Murmansk nahm Finnland nicht aktiv Teil. Sowjetische Luftangriffe gingen unter anderem in Helsinki weiter. Im Dezember 1942 erklärte auch Großbritannien Finnland den Krieg. Dieses machte die USA nicht, aber das Land unterstützte jedoch die Sowjetunion mit materiellen Lieferungen. Für Finnland waren die Lieferungen und Zusammenarbeit aus der deutschen Seite essentiell.

Im Sommer 1944 gelang es der Sowjetunion, die von Finnen okkupierten Gebieten zurück zu erobern. Der sowjetische Vormarsch wurde im Spätsommer zum Stillstand gebracht, der im September 1944 zum Waffenstillstand von Moskau führte. Offiziell wurde der Frieden 1947 in Paris geschlossen. In diesem Frieden musste Finnland zahlreiche Gebiete, zum Beispiel Karelien, an Russland abtreten und sehr hohe Reparationen, 300 Millionen US-Dollar, die Hälfte des BIP 1939, bezahlen. Allerdings blieb das Land unabhängig. Mehr als 60 000 Finnen wurden im Fortsetzungskrieg gestorben und 160 000 verwundet. Die sowjetische Verluste waren noch größer: rund 200 000 Tote, 385 000 Verwundete und 190 000 Kranke. Weitere 64 000 wurden als Kriegsgefangene eingesperrt.

Lapplandkrieg (September 1944 – April 1945)
Nach dem Waffenstillstand von Moskau musste Finnland die in Lappland stationierte deutsche Wehrmacht vertreiben. In den ersten Wochen folgte der finnische Vormarsch dem Rücktritt der Deutschen, und Brutalitäten wurden vermieden. Der Sowjetunion war allerdings damit nicht zufrieden, und verlangte Kampfhandlungen. Unter dem Generaloberst Rendulic zogen sich die Deutschen mit der Taktik der verbrannten Erde zurück. 45 % der Häusern sowie ganze Dörfer, unter anderem die Städte Rovaniemi, Savukoski und Enontekiö, wurden niedergebrannt. Der Krieg dauerte bis zum Frühling 1945.

Vom kalten Krieg bis heute

Sowohl die Infrastruktur als auch die Wirtschaft Finnlands erlitten schweren Schaden im zweiten Weltkrieg. Wiederaufbauarbeiten wurden überall begonnen, und die Entfernung von Land- und Seeminen war ein zeitraubendes und gefährliches Projekt. In den am stärksten verseuchten Gebieten, am Finnischen Meerbusen, in Karelien und in Lappland, dauerte die Entminung von 1944 bis 1950. Die Minen führten zu Verletzungen und Tod auch nach den Kriegen, vor allem in Lappland.

Allerdings war die Entminung und Wideraufbauarbeiten nicht die einzigen Herausforderungen, die Finnland begegnete. 1946 fand die Pariser Friedenskonferenz statt, wo die Alliierten, vor allem die Sowjetunion, die USA, Großbritannien, Frankreich und Kanada, die Friedensbedingungen mit Italien, Rumänien, Ungarn, Bulgarien und Finnland verhandelten. Im diesen Frieden von Paris 1947 wurde Finnland schwer bestraft: es hatte Reparationen von 300 000 000 US-Dollar an die Sowjetunion zu bezahlen, und unter anderem Porkkala in der Nähe von Helsinki wurde als sowjetischer Stützpunkt verpachtet. Die hohe Reparationen und Gebietsverluste waren ein schwerer Schlag, zeigten aber wieder, wie viel ‚Sisu‘ die Finnen besonders in schwierigen Umständen haben. Die letzten Reparationen wurden sogar schneller als verlangt, 1952, bezahlt, und 1956 war Porkkala wieder im finnischen Besitz. Viele Historiker sind der Meinung, dass die schnelle Industrialisierung Finnlands eine Folge der umfangreichen Reparationsmaßnahmen war.

In den 1950er Jahren waren 50% der Arbeitskräfte in der Landwirtshaft. Ein Drittel lebte in den Städten. Immer mehr Industrie- und Dienstleistungsbetriebe entstanden, und damit zogen immer mehr Menschen in die Städte. Nach dem Krieg trat der Babyboom auch in Finnland auf: in den 1940er Jahren waren die Geburtenraten 3,5 Kinder pro Frau. Bis 1973 war die entsprechende Ziffer 1,5. Die geburtenstärke Jahrgänge wurden auf enge Arbeitsmärkte getroffen, und Hunderte und Hunderte von Finnen mussten nach Schweden wegen der Arbeit emigrieren.

Während des kalten Krieges war die Rolle von Finnland zwischen den Blöcken im Vergleich zu den anderen Nachbarländern der Sowjetunion einzigartig. Wegen wirtschaftlicher Gründe war der Einfluss der Sowjetunion relativ groß, aber trotzdem blieb Finnland selbständig und hielt fest an seinen politischen und wirtschaftlichen Strukturen. 1948 wurde ein Finnisch-Sowjetischer Vertrag, ‚Vertrag über Freundschaft, Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand‘, bezeichnet. Trotz dem Ausdruck „ gegenseitiger Beistand‘ respektierte die Sowjetunion die Neutralität Finnlands im kalten Krieg. Der Vertrag war bis zum Zerfall der Sowjetunion 1991 gültig.

1952 wurde der Nordische Rat von Norwegen, Dänemark, Schweden und Island gegründet. 1955 trat Finnland dem Rat bei, und viele Finnen nutzten die Freizügigkeit des Rats, um gut bezahlte Arbeiten in Schweden zu bekommen. In den 80er Jahre konnte der finnische Lebensstandard schon mit Schweden konkurrieren, und das Land hatte sich zum einen skandinavischen Wohlfahrtsstaat entwickelt. Seit 1955 ist Finnland auch Mitglied der Vereinten Nationen.

1961 wurde es Assoziativmitglied der europäischen Freihandelszone EFTA und 1986 Vollmitglied. Außer dem Handelsabkommen mit der EFTA hatte Finnland auch ein mit den Ostblockstaaten. 1972-1972 fand die erste Konferenz für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa in der finnischen Hauptstadt statt. Die Konferenz wurde organisiert, um die Spannungen des Kalten Krieges abzubauen, und sie gilt vor allem als persönlicher Triumpf für finnischen Präsident Urho Kekkonen.

Anfang der 90er Jahren stürzte das Land in eine schwere Wirtschaftskrise. Der wichtigste Auslöser der Krise war der Zusammenbruch der Sowjetunion 1991 – zu dieser Zeit stützte die finnische Wirtschaft sich zu einem großen Teil auf den Osthandel. Ein weiterer Grund für die Depression war die Wirtschaftspolitik der 80er Jahren, vor allem die Deregulierung des Kreditmarktes. Das Wirtschaftswachstum bei Krediten schuf eine Börsenblase, und als diese platzte, stürzte das BIP um 15% ab und die Arbeitslosigkeit stieg auf Rekordquoten, 20%. Die Regierung hatte es schwer, die öffentlichen Ausgaben zu reduzieren und die Staatschuld wuchs auf 60% vom BIP. Rund 6-7 % vom BIP wurde verwendet, um die Banken aus der Krise zu helfen. Finnland entschloss sich, seine Währung, ‚Markka‘, frei floaten zu lassen. Bis Mitte der 90er Jahre war die schlimmste Wirtschaftskrise der Geschichte Finnlands vorbei.

Finnland im 21. Jahrhundert

Wie sieht die finnische Wirtschaft heute aus? Die Einschätzungen von folgenden internationalen Organisationen stellen einige Perspektiven vor.

Im Environmental Sustainability Index der Universitäten Yale und Columbia 2005 rangierte Finnland auf Platz eins, dank seiner Naturschutzmaßnahmen und relativ dünnen Besiedlung.

2009 wurde Tausende und Tausende Einwohner in 155 Ländern von Gallup World Poll gefragt, wie glücklich sie sind. Laut der Befragung sind die Finnen nach den Schweden und den Dänen die zweitglücklichsten Menschen der Welt.

2009 veröffentlichte das Legatum Institute einen Rapport, wo Finnland als das reichste Land der Welt bezeichnet wurde, nicht nur wirtschaftlich sondern auch im Bereich Demokratie und Politik.

Nach einer Studie der Vereinten Nationen ist das Niveau der Schulen in Finnland zweitbeste der Welt – besser geht es nur in Korea. In der Studie wurden vor allem Alphabetisierung und Bildung der Einwohner betrachtet.

Laut einer Newsweek-Ranking 2010 ist Finnland einfach das beste Land der Welt. Die Kriterien in dieser Ranking waren Gesundheit, wirtschaftliche Dynamik, Bildung, politische Verhältnisse und Lebensqualität. Nicht schlecht!